Digitaler Zwilling
Definition Digitaler Zwilling
Für verschiedene Energiekonzerne, die Strom aus Kohle in Tagebauen gewinnen, wurde eine Anwendung entwickelt, die den gesamten Tagebau als digitalen Zwilling in Echtzeit darstellt. Dies umfasst nicht nur die Echtzeit-3D-Visualisierung des Tagebaus, sondern auch ein Monitoring- und Maschinensteuerungssystem für Schaufelradbagger und andere wesentliche Maschinen.
Realtime 3D-Visualisierung
Der erste Schritt in Richtung eines Realtime-Digitalen Zwillings besteht darin, den Tagebau vollständig als DGM (Digitales Geländemodell) zu erfassen. Dazu führen die Tagebaubetreiber eine Gesamtaufnahme der Mine in regelmäßigen Abständen durch, sodass in gewissen zeitlichen Abständen immer ein vollständiges aktuelles DGM des Tagebaus vorliegt. Zur Einbindung dieser Daten stellt GeoCAD diverse Schnittstellen bereit, mit denen diese DGMs importiert werden können. Den Zeitversatz zwischen der Befliegung und dem Einspielen dieses jeweiligen neuen Bezugs-DGM auf den Maschinen wird durch die Replay-Funktion kompensiert indem mit den zwischenzeitlich auf den Maschinen erstellten DGMs das Bezugs-DGM auf den aktuellen Stand fortgeführt wird. Dieser Zyklus wiederholt sich stetig.
Echtzeit-Monitoring:
Damit das DGM in den Zeiträumen zwischen den Gesamtaufnahmen stets aktuell fortgeführt werden kann, erfolgen fortlaufend Messungen, die ausgewertet und in das DGM übernommen werden. Dazu sind an allen wesentlichen Maschinen – Bagger, Absetzer und Förderbänder Messsysteme angebracht, die das Gelände kontinuierlich erfassen. Das Ergebnis ist ein Echtzeit-Monitoring des gesamten Tagebaus!
Dokumentation und Replay-Funktion:
Das Monitoring wird zudem fortlaufend dokumentiert. Über die Replay-Funktion kann somit auch in der Nachbetrachtung auf den kompletten Datenbestand zu jedem beliebigen Zeitpunkt zurückgegriffen und abgespielt werden. Auf diese Weise können etwaige Ereignisse rückblickend betrachtet und analysiert werden.
System zum Maschinenmonitoring und -Steuerung:
Das Monitoring wird durch ein Maschinensteuerungssystem für (Schaufelrad-)Bagger, Absetzer und Förderbänder ergänzt. Durch eine Zusammenführung beider Systeme in einer Gesamtübersicht ist eine ganzheitliche Betrachtung des Tagebaus zur Planung der nächsten Abbaubereiche, Verkehrswege und der Identifizierung potenzieller Gefahrenstellen möglich.
Steuerung der Bagger:
Der Baggerfahrer wird in seiner Arbeit dadurch unterstütz, dass ihm auf einem Touchscreen ein vereinfachtes 3D-Modell des Baggers parallel in einem Lageplan und einem 3D-Modell dargestellt wird. Die Ansichten der Planzeichnung und des 3D-Modells in der CAD-Darstellung kann der Fahrer dabei frei festlegen.
Zur Abbildung der Maschinen wurde jeder Bagger einmalig aufgemessen und seine Kinematik nachvollzogen. Über ein Messsystem bestehend aus GPS-Antennen und/oder Neigungssensoren, die auf dem Schaufelrad-Ausleger angeordnet sind, kann im weiteren Verlauf dessen Position und Orientierung erfasst und zentimetergenau getrackt werden.
Für eine effizientere und sicherere Arbeit im Tagebau werden zudem fortlaufend tatsächliche Distanzen zwischen Schaufelrad und unterschiedlichen Geländeelementen und Objekten relativ zu dem durch die Planung vorgegebenen Soll-DGM berechnet. Zu diesen Elementen zählen unter anderem:
- Ist-/Soll-Abgleich der Abbauoberflächen
- Hindernisse und Gefahrenstellen wie Entwässerungsbrunnen, Straßen und Böschungskanten
- Bandstraßen
- und weitere
Zudem wird bei Unterschreitung festgelegter Mindestabstände eine weitere Distanzanzeige hinzugeschaltet, um den Fahrer rechtzeitig zu warnen.
Einrechnung von Fahrrampen:
Für einen anstehenden Sohlenwechsel kann der Baggerfahrer mit GeoCAD eigenständig vor Ort eine von der Tagebau-Planungsabteilung vorgegebene Fahrrampe in das aktuelle Gelände als Soll-Rampe einrechnen lassen. Hierzu genügt es, zwei Punkte aus der Planzeichnung oder wie sie gerade vor Ort sinnvoll sind im realen Gelände mit dem Schaufelrad anzufahren, diese durch dieses Positionieren abzustecken und eine Soll-Neigung auszuwählen. GeoCAD berechnet anschließend den Übergang von einer Sohle zu einer zweiten und fügt beide mit dem für die Rampe berechneten Modell zu einem neuen Soll-Gelände zusammen, zu dem wieder relativ gebaggert werden kann.
Bänder:
Das wesentliche Element des Tagebaues sind die Transportbänder für Abraum und Kohle. Hier kann den Materialtransportschaufelradbagger bis zum Absetzer Gewänder sowohl im Lageplan als auch im 3-D Modell bei vorgegebener Bandgeschwindigkeit in quasi Echtzeit darstellen. Ist ein Lagerstättenmodell hinterlegen, so werden immer Pakete von 1 Sekunde Abraumdauer aus dem Modell herausgerechnet, so wie sie der Bagger geschnitten hat „auf das Band gelegt“. Erinnert dieser Pakete wird über den gesamten Handlauf vom Bagger zum Absetzer oder zum Kohlebunker angezeigt. Auch die Schaltzustände der Bandverschiebebunker werden korrekt in den Plänen dargestellt. Eine der wichtigsten Funktionen der Bandtransportsoftware, neben der Darstellung, ist die Berechnung des sogenannten „F-Wertes“. Aus der eingestellten Bandgeschwindigkeit, der aktuellen Beladung und dem Stromverbrauch lässt sich errechnen, ob der Verbrauch für die angegebenen Parameter passend ist. Wenn er zu hoch wird, ist damit klar, dass die Rollengerüste entlang der Bandstraße neu ausgerichtet werden müssen. Da der Strombedarf der Bandlaufwerke im Megawatt-Bereich liegt, bringt diese Funktion in der Software GeoCAD einen direkten pekuniären Nutzen für den Betreiber.
Absetzer:
Ähnlich wie bei der Baggersteuerung sind an den Absetzerauslegern GPS-Antennen und/ oder Neigungssensoren montiert. Zusätzlich befindet sich am Auslegerende des Absetzers ein 3D-Laserscanner, der in Intervallen von wenigen Sekunden das gesamte Gelände im Schüttbereich des Auslegers permanent aufnimmt. Über diesen Messaufbau kann das Gelände und kontinuierlich die Schüttung kontrolliert werden. Weiter wird direkt auf der Maschine aus diesen Scans berechnet, ob die aufgeschütteten Massen nach der Setzung ausreichen, um das geplante Gelände herzustellen.
Darüber hinaus wird in frei festlegbaren Zeitintervallen von mehreren Minuten ein Scan eines größeren Schüttbereichs von einigen hundert Metern durchgeführt und in das bisherige DGM fortgeführt, um die Setzungsbewegungen im bereits geschütteten Bereich zu erfassen.